“Kein Pranger für Lehrkräfte“, Redebeitrag des schulpolitischen Sprechers der FDP-Fraktion Region Hannover Daniel Farnung


 

-Es gilt das gesprochene Wort!-

 

 

 

 

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

sehr geehrter Herr Regionspräsident,

sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

 

 

die FDP-Fraktion unterstützt den Antrag „Kein Pranger für Lehrer“ vollumfänglich:
In gravierenden Konfliktsituationen haben Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, über das übergeordnete, neutrale Portal der staatlichen Ebene – seitens der Landesschulbehörde  - eine Meldung mit der Bitte um Hilfe abzusetzen. Sie erhalten dann eine sachgerechte Beratung und Information, wie bei festgefahrenen Situationen zwischen Lehrkraft und Schülerin oder Schüler vermittelt und eine Lösung des Konflikts gefunden werden kann.


Dies ist aus unserer Sicht die einzige zielführende Vorgehensweise: In kritischen Fällen kann nach einer ersten Klärung mit dem Klassensprecher/der Klassensprecherin, den Vertrauenslehrern und der Schulleitung dieser Weg beschritten werden, um von der zuständigen Behörde eine Beurteilung und Hilfestellung zu erhalten.


Die Einrichtung eines solchen Meldeportals im Internet durch eine politische Partei behindert eine neutrale Klärung von Kon-fliktfällen. Überdies wird mit einem solchen Internet-Portal eine anonym wirkende Drohkulisse aufgebaut! In Hinsicht auf die geltenden Datenschutzregelungen auf Basis der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist zu beachten, dass schon das Sammeln von bestimmten Personen-Daten - und eben nicht nur das Bereitstellen von Informationen in einem eigenen Portal im Internet - bereits unter bestimmten Prämissen gegen die geltenden gesetzlichen Regelungen des Datenschutzrechtes verstoßen könnte.


Außerdem trägt es zur Eskalation möglicher Konflikte bei, wenn eine politische Partei mit der Einrichtung eines eigenen Portals explizit dieses Thema aufgreift. Die Problematik wird dabei stark überspitzt, auch in der öffentlichen Darstellung.
Eine Informationsbereitstellung sowie das Bereitstellen der Verlinkung zum Meldeportal der Landesschulbehörde in einem parteipolitisch geprägten Portal im Internet kann zudem per se nicht als „neutral“ aufgefasst werden: Es führt zu einer verstärkten Politisierung! Das Portal der AfD soll Aufmerksamkeit aus dem spezifischen Blickwinkel der AfD schaffen und setzt insofern gezielt Anreize zur Denunziation von Lehrkräften, die sich für die kontroverse Debatte und Auseinandersetzung auch mit der AfD-Programmatik aussprechen.


Eine Sensibilisierung für eine faire politische Argumentationsweise muss aus Sicht der Freien Demokraten anders aussehen:

 

Politische Auseinandersetzungen sollten offen und direkt geführt werden, gerade auch im Bereich der Politischen Bildung an den Schulen. Politische Parteien müssen sich in unserem demokratischen System grundsätzlich offen der kritischen Auseinandersetzung zu ihren politischen Forderungen stellen! Durch die Gegenüberstellung diverser politischer Positionen auf Basis von Parteiprogrammen (und weiterer öffentlicher Verlautbarungen über politische Positionierungen) kommen die Schulen ihrem Auftrag nach, den politischen Meinungsbildungsprozess der Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen.


Die Lehrkräfte dürfen hierbei durchaus eine eigene Position äußern, sofern sie den Schülerinnen und Schülern ihre eigene Meinung nicht aufzwingen und diese – Zitat gemäß Aussage der Bundeszentrale für politische Bildung vom 07.04.2011 auf www.bpb.de – „nicht an der Gewinnung eines selbständigen Urteiles hindern“. Dies entspricht dem sog. „Beutelsbacher Konsens“, der drei didaktische Leitgedanken beinhaltet (Auszüge im Wortlaut):


1.)    „Überwältigungsverbot – keine Indoktrination“
2.)    „Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, muss auch im Unterricht kontrovers erscheinen.“
3.)    „Der Schüler muss in die Lage versetzt werden, eine politische Situation und seine eigene Interessenlage zu analysieren, sowie nach Mitteln und Wegen zu suchen, die vorgefundene politische Lage im Sinne seiner Inte-ressen zu beeinflussen.“


Grundsätzliche und übergreifende Voraussetzung für die politische Bildungsarbeit in den Schulen muss natürlich die Orientierung am Prinzip der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und am Rechtsstaat sein. - Ebenso wie die Ausrichtung auf die verfassungsrechtlichen Grundlagen im Grundgesetz.
In jedem Fall setzt eine ergiebige Auseinandersetzung mit unterschiedlichen politischen Forderungen aus Sicht der Freien Demokraten immer auch voraus, dass Ursachen und Folgewirkungen im Falle der Umsetzung mitbedacht und abgewogen werden. Dies darf nicht fälschlicherweise als eine Verletzung des Neutralitätsgebotes ausgelegt werden!


-    Im Gegenteil: Das Abwägen verschiedenster Pro- und Contra-Argumente ist bei der politischen Meinungsbildung im Sinne einer verantwortungsvollen, zukunftsorientierten politischen Bildung von essentieller Bedeutung!
-    Wichtig ist, dass die Schülerinnen und Schüler außerdem nach einer Analyse von Pro und Contra eine Position zu ihren eigenen Interessen entwickeln und diesen die Interessen der Gesellschaft gegenüberstellen; Erst hierdurch lernen sie, Interessen gegeneinander abzuwägen und richtig einzuordnen. - Gelebte Demokratie bedeutet in manchen Fällen, spezifische, eigene Interessen im Sinne der Allgemeinheit und des Gesamtinteresses der Gesellschaft zurückzustellen oder unterzuordnen.


Wir freie Demokraten bekennen uns klar zur Meinungsfreiheit und zum Pluralismus. Demokratie bedeutet, dass wir tagtäglich im politischen Wettstreit um die beste demokratisch-legitimierte Lösung ringen und uns der politischen Auseinandersetzung stellen müssen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!