Redebeitrag des bau- und wohnungspolitischen Sprechers der FDP-Fraktion Region Hannover Gerhard Kier in der Regionsversammlung vom 25.09.2018: „Akute Wohnungsnot in der Region Hannover – Gibt es Perspektiven für eine wirksame und schnelle Wohnraumförderung?“


-Es gilt das gesprochene Wort!-

 

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

Das Thema Wohnraumversorgung ist und bleibt ein vielschichtiges Thema:
Von Bezahlbarkeit, Wärme- und Klimaschutz, Baulandausweisung, Eingriff in die Natur, Bodenversiegelung, umweltfreundlichen Baumaterialien, Luxusmodernisierung, Mietpreisbremse, sozialer Ausgewogenheit, Stellplätzen für Autos, Fahrräder und Kin-derwagen bis hin zur Seniorenfreundlichkeit, Behindertengerechtigkeit und unzähligen Planungs- und Bauvorschriften, die jedes Vorhaben zu einem langwierigen Verfahren werden lassen. Und dazu kommt nicht zuletzt die Schaffung der notwendigen Infra-struktur, die ein Baugebiet für die Menschen zu einem lebenswerten Quartier werden lässt.

 

Unzählige viele Stellschrauben, an denen die Region zu drehen versucht.

Die Region Hannover boomt wie schon lange nicht mehr. Sie gewinnt als attraktiver Lebensraum mit einem sehr guten, breitgefächerten Angebot an Arbeitsplätzen, als Wissenschaftsstandort sowie aufgrund ihrer guten Versorgungsinfrastruktur in den Be-reichen Freizeit, Naherholung und Mobilität/ÖPNV stetig an Bedeutung! Dies zeigt der vor wenigen Tagen vorgelegte Bericht der Region Hannover „Trends und Fakten 2018“ mit Informationen zu Auswertungen aktueller Standortinformationen deutlich auf.

Diese für unsere Region Hannover so positive Entwicklung verstärkt die ohnehin hohe Nachfrage nach Wohnraum derzeit enorm. Das bestehende Wohnungsangebot kann insbesondere der erhöhten Nachfrage nach preiswerten Wohnungen für Senioren, Studierende sowie Singles und für größere Familien mit mehr als zwei Kindern nicht gerecht werden. Die angespannte Lage am Wohnungsmarkt führt zu stark steigenden Bau- und Mietkosten, noch verschärft aufgrund des großen Bedarfs an gefördertem Wohnraum bzw. Wohnraum mit Belegrechten.

Die FDP-Fraktion trägt daher das von der Region Hannover aufgelegte Wohnbaupro-gramm WoBI vollumfänglich mit: Allein in 2018 wurden hier bereits Mittel in Höhe von 4,5 Mio. € im Regionshaushalt bereitgestellt. Damit können erste wichtige Impulse zur zumindest mittelfristigen, nachfragegerechten Erweiterung des Wohnungsangebotes in der Region Hannover gesetzt werden.

Aber wir müssen uns auch der Herausforderung stellen, dass im Baubereich ein akuter Fachkräftemangel vorherrscht; dies führt nicht nur zu Verzögerungen bei der Realisie-rung, sondern auch zur erheblichen Verteuerung von Bauprojekten.

Um die schnellstmögliche Bereitstellung von adäquatem Wohnraum in der Region Hannover zur Verfügung stellen zu können, fordert die FDP-Fraktion daher ein Bündel an Maßnahmen, die nur erfolgreich sein können, wenn sie insgesamt entschieden in Angriff genommen werden:

 

1. Stärkung der Angebote zur Bewerbung von Ausbildungsberufen im Handwerk in Kooperation mit der HWK und weiteren relevanten Partnern in der Baubranche;

 

2. Entbürokratisierung bei den Bauvorschriften; mit einer Entschärfung der Auflagen können Investoren besser zu einem Engagement auch im Bereich des öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbaus motiviert werden. Auch Vereinfachungen in den Abläufen durch das Voranbringen der Digitalisierung in den Verwaltungen können ihren wichtigen Beitrag leisten;

 

3. Neue Modelle des Wohnungsbaus müssen weiter unbürokratisch gefördert werden, nicht nur bei der eigenen Kreissiedlungsgesellschaft und den traditionell starken Genossenschaften, sondern auch bei Kleininvestoren und Einfamilienhausplanungen. Die Gründung neuer kleiner Genossenschaften stärkt die Verantwortung der Bewohner für ihr Quartier und ist daher auch eine wünschenswerte Form der Eigentumsbildung.

 

4. Besonders wichtig ist, dass unterschiedliche Bedarfe stärker in die Planungen neuer Wohn-Quartiere eingehen. So finden wir, dass Modelle, die sich verändernde Anforderungen der Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen besser berücksichtigen, besonders unterstützenswert sind. Außerdem ist es natürlich wichtig, dass der Wohnraum an sich flexibel unterschiedlichen Nachfragen gerecht werden kann, also zum Beispiel möglichst barrierearm oder –frei ist. Davon profitieren junge Familien mit Kindern ebenso wie ältere, mobilitätseingeschränkte Menschen und Menschen mit Behinderungen.


5. Investitionen über das Wohnbauförderprogramm der Region Hannover sollen einen angemessenen Anteil im Bereich der Förderung des sozialen Wohnungsbaus setzen; ein Anteil in Höhe von 25-30% ist gegenwärtig aus Sicht der FDP-Fraktion angemessen. Über die von der Regionsverwaltung vorgeschlagene gestaffelte Förderung mit stärkeren Fördersätzen für bereitgestellten Wohnraum im Bereich des sozialen Wohnungsbaus werden wir in den kommenden Wochen nach der heutigen Einbringung des Regionshaushalts 2019 in der Regionsversammlung diskutieren. Die FDP-Fraktion ist der Auffassung, dass die vorgeschlagene Mittelbereitstellung mit einem Gesamtvolumen in Höhe von derzeit 60 Mio. € in den Jahren 2019 bis einschließlich 2021 (jeweils 20 Mi. € in jedem Jahr) ein guter Ansatz ist, um den regionsangehörigen Gemein-den benötigte Unterstützung schnell und zuverlässig zukommen zu lassen.

 

6. Wichtig ist in diesem Zusammenhang natürlich auch, dass weiter eine enge Abstimmung der Region Hannover mit den 21 Städten und Gemeinden im Regionsgebiet unter Einbeziehung der interessierten Wohnungsbauträger erfolgt. Die Regionskommunen sollen bestmöglich beraten und unterstützt werden: Dass die Fördermittel ihnen direkt - und nicht den Wohnungsbauunternehmen - und ohne große Auflagen zur Verfügung gestellt werden, begrüßen wir grundsätzlich! Die Regionskommunen haben so erheblichen Entscheidungsspiel-raum beim Einsatz der ihnen von der Region Hannover zur Verfügung gestellten Mittel über die angekündigte pauschale Förderung und können die vor Ort sinnvollste Lösung erarbeiten. Der FDP-Fraktion ist in diesem Zusammenhang auch wichtig, dass schnellstmöglich geeignete neue Flächen, aber auch Brachflächen oder nicht genutzte Flächen innerhalb der Städte und Gemeinden bzw. der Ortskerne für Wohnbebauung ausgewiesen und vorbereitet werden können.

 

7. Hier muss ich allerdings an unseren FDP-Antrag zum RROP-Entwurf 2015 erinnern (Änderungsantrag von FDP/GFW vom 18.05.2015 zu BDs. 2299 (III)): In diesem haben wir in Bezug auf „Ziele und Grundsätze zur Entwicklung der Siedlungs- und Versorgungsstruktur“ gefordert, dass es den Regionskommunen erlaubt werden muss, dass „der Spielraum zur Abdeckung des örtlichen Grundbedarfs durch zusätzliche Wohnbauflächen sowie gemischte Bauflächen durch eine Erhöhung des Ermessenszuschlags in begründeten Einzelfällen auf bis zu insgesamt 10% Siedlungsflächenerweiterung angehoben wird.“ Gerade vor dem Hintergrund, dass die Region Hannover die Regionskommunen so unbürokratisch und einfach wie möglich über eine pauschale Förderung bei der Entwicklung von mehr Wohnraum unterstützen will, ist es wichtig, dass diese sich in Hinsicht auf die Entwicklung von Wohn- und auch Gewerbegebieten zu einem höheren Prozentsatz als im RROP aufgrund eines mehrheitlich von der RV gefassten Beschlusses festgelegt wurde, fortentwickeln dürfen. - Dies muss im Rahmen des Bau- und Planungsrechts entsprechend Berücksichtigung finden können. Im Rahmen unserer Haushaltsberatungen möchte die FDP-Fraktion daher mit Ihnen ins Gespräch über mögliche Modifizierungen des RROP 2016 kommen!


Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!