Haushaltsrede der Vorsitzenden der FDP-Fraktion Region Hannover Christiane Hinze zum Haushaltsplan 2021 der Region Hannover in der Regionsversammlung am Dienstag, 15.12.2020


-Es gilt das gesprochene Wort!-

 

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrter Herr Präsident,

meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Das Jahr 2020 war ein im wahrsten Sinne des Wortes außergewöhnliches Jahr: Durch die Corona-Pandemie standen und stehen wir vor großen Herausforderungen bei den Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes.

 

Die FDP-Fraktion hat alle Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie voll mitgetragen! - An dieser Stelle möchte ich für die FDP-Fraktion dem Regionspräsidenten Herrn Jagau ausdrücklich danken für die immer zeitgerechten und umfassenden Informationen an uns Regionspolitiker und die Einbindung in die Entscheidungsprozesse zu den geplanten Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung! Ein weiterer großer Dank geht an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, die trotz teils schwierigster Bedingungen im Gesundheitsamt ihre Arbeit zur Eindämmung der Corona-Pandemie durch die Nachverfolgung von Infektionsketten leisten sowie in anderen Bereichen alle Serviceleistungen für die Bürgerinnen und Bürger weiter in hoher Qualität vorhalten!

 

Die politische Gremienarbeit hat auch in dieser schweren Krise einwandfrei funktioniert – dies ist ein wichtiges Signal an die Bürgerinnen und Bürger in der Region Hannover, dass unsere demokratischen Institutionen funktionieren und gewertschätzt werden! Auch hier möchte ich für die FDP-Fraktion Danke sagen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Gremienbetreuung der Region Hannover!

Im Haushaltsjahr 2021 werden wir mit größeren Herausforderungen konfrontiert sein: Die Eindämmung des Infektionsgeschehens durch ein auch personell besser aufgestelltes Gesundheitsamt der Region Hannover ist eine der wesentlichen Aufgaben. Die vollständige und zeitgerechte Nachverfolgung von Infektionsketten eröffnet die Chance, die Zweite Welle und mögliche weitere Wellen der Pandemie wirksam zu brechen.

 

Dass die erforderlichen Stellen bei der Region Hannover im Stellenplan eingestellt werden, trägt die FDP-Fraktion daher vollumfänglich mit!

 

Das bereits im Frühjahr dieses Jahres eingerichtete Behelfskrankenhaus auf dem Messegelände Hannover wird als Impfzentrum dienen. Insofern war die für das Behelfskrankenhaus getätigte Investition in Höhe von rd. 10 Mio. € im Frühjahr dieses Jahres sehr Zielführend! Die Bevölkerung in der Region Hannover profitiert hier entscheidend aus dem Vorteil, dass die Region Hannover aufgrund der bereits eingerichteten medizinischen Versorgungsstruktur jetzt schnell handlungsfähig ist beim unmittelbar bevorstehenden Start der Impfungen! Wir sind zuversichtlich, dass aufgrund der umsichtigen und sorgsamen Vorbereitung durch die Region Hannover mit ihrer Katastrophenschutzbehörde diese große logistische und medizinische Aufgabe gut bewältigt werden wird!

 

Im Jahr 2021 müssen wir bei der Region Hannover mit deutlichen Rückgängen unserer Erträge aufgrund der Corona-bedingten Konjunktureinbrüche rechnen. Die FDP-Fraktion plädiert dafür, sich mit den Städten und Gemeinden in der Region Hannover eng abzustimmen in Bezug auf zielführende Maßnahmen zu deren finanzieller Entlastung, denn die Kommunen verzeichneten bereits nach der ersten Corona-Welle in diesem Jahr deutlich geringere Erträge vor allem aus der Gewerbesteuer! Welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um den Konjunktureinbruch auffangen zu können, sollten Regionsverwaltung und Regionsversammlung frühzeitig Anfang 2021 diskutieren. Die FDP-Fraktion begrüßt, dass die Regionsverwaltung in den Jahren 2021 und 2022 Schritt für Schritt Vorschläge für Konzepte und Maßnahmen zum Haushaltsausgleich in den Folgejahren vorlegen wird. Die FDP-Regionsfraktion wird sich aktiv und konstruktiv in die politischen Beratungen hierzu einbringen!

 

Das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) sieht gemäß § 182 Absatz 4 Satz 1 Nr. 3 ausdrücklich die Möglichkeit vor, für die kommunale Haushaltswirtschaft auf die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes im betreffenden Haushaltsjahr, in dem aufgrund einer epidemischen Lage ein Haushaltsausgleich nicht erreichbar ist, zu verzichten. Die FDP-Fraktion hatte in Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 wiederholt die Aufstellung einer Aufgabenkritik und eines Haushaltskonsolidierungskonzeptes gefordert. In Anbetracht der multiplen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie erachtet es die FDP-Fraktion in der aktuellen Lage aber für Zielführend, die Handlungsfähigkeit der Region und der Regionsversammlung nicht mitten in der Pandemie weitgehend zu beschränken. Dies ist im Sinne der zu bewältigen Aufgaben in der Gesundheitsversorgung und der Herausforderungen, denen sich die Wirtschaft in der Region Hannover ausgesetzt sieht, von großer Bedeutung!

 

Für das laufende Jahr wurde eine Entlastung der Regionskommunen um einen Gesamtbetrag in Höhe von rd. 35 Mio. € durch eine Reduzierung der Regionsumlage 2020 avisiert. Auf Vorschlag des Regionspräsidenten sollen nun an die Regionskommunen noch in diesem Jahr weitere 10 Mio. € vorab ausgezahlt werden. Anlass ist, dass das Land Niedersachsen kürzlich entschieden hat, für das Jahr 2021 ein erhöhtes Volumen an Schlüsselzuweisungen festzusetzen. In Verbindung mit der von der Regionsverwaltung angekündigten Absicht, die Hebesätze der Regionsumlage für die Jahre 2021 und 2022 nicht zu erhöhen, ist die FDP-Fraktion daher damit einverstanden, dass ein Haushaltssicherungskonzept für die Jahre 2021 und 2022 zunächst nicht aufgestellt wird.

 

Denn die Städte und Gemeinden haben durch die Corona-bedingten Auswirkungen auf die Konjunktur mit den höchsten Belastungen in den Jahren 2021 und 2022 zu rechnen. Ein Haushaltssicherungskonzept würde die Regionsverwaltung schon kurzfristig in dieser außergewöhnlichen Lage der größten existenziellen Krise unserer Wirtschaft seit Ende des Zweiten Weltkriegs sehr stark festlegen. Einflussmöglichkeiten der Regionspolitik bei der Steuerung der Konsolidierungsmaßnahmen sowie bei wichtigen Investitionen in die Zukunftsfähigkeit wären ad hoc stark eingeschränkt. Dies könnte weit größere negative Auswirkungen für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die Wirtschaft und die Regionskommunen haben als der zeitlich begrenzte Verzicht auf ein Haushaltssicherungskonzept. Finanzielle Probleme würden in die Folgejahre verschleppt werden und es droht, dass sich die finanziellen Probleme von Regionskommunen und Region dadurch noch verschärfen. Die FDP-Fraktion begrüßt, dass durch die Einbindung der Regionspolitik passgenaue Konsolidierungsmaßnahmen zum Schuldenabbau und zur Rückführung des strukturellen Defizits im Sinne der nachfolgenden Generationen diskutiert und von der Regionspolitik verabschiedet werden können!

 

Für die 21 Städte und Gemeinden der Region Hannover ist es wichtig, beizeiten zu wissen, von welchen finanziellen Rahmenbedingungen für ihre kommunalen Haushalte sie für das Jahr 2021 ausgehen können. Die FDP-Fraktion begrüßt es im Sinne unserer Städte und Gemeinden der Region Hannover, dass die Verabschiedung des Regionshaushaltes 2021 regulär und wie üblich im Dezember des Vorjahres erfolgt. Hierdurch wird eine verlässliche und seriöse Haushaltsplanung der Regionskommunen zum frühestmöglichen Zeitpunkt realisierbar sein.

 

Die FDP-Fraktion unterstützt den Kurs eines maßvollen Investierens in wichtige Zukunftsaufgaben in Kombination mit einer Überprüfung unserer Schwerpunkte in den Haushalten in der Mittelfristplanung.

 

Eine optimale Gesundheitsversorgung und eine pandemiefeste medizinische Versorgungsstruktur sind unabdingbar für den Bevölkerungsschutz. Aber auch die wirtschaftliche Prosperität der Region ist hiervon mittelbar und unmittelbar abhängig. Eine erfolgreiche Pandemiebekämpfung einschließlich einer auf den Schutz vulnerabler Gruppen und von Personal im medizinischen Bereich und in der Pflege ausgerichtete Impfstrategie ermöglicht im Idealfall baldmöglichst im Jahr 2021 ein Wiedererstarken der Wirtschaft und die Sicherung von Arbeitsplätzen. Sonst wären noch deutlich höhere Ertragsrückgänge bei Städten und Gemeinden sowie der Region Hannover zu befürchten. Wichtige Aufgabenfinanzierungen der Region in ihrem Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereich würden dann perspektivisch erheblich schwieriger werden, u. a. im Bereich des Ausbaus des Angebots des ÖPNV und bei freiwilligen Aufwendungen für Natur- und Klimaschutz.

 

Gerade im Klimaschutz haben wir durch die Erarbeitung eines gemeinsamen interfraktionellen Antrags zum Thema „Klima in Not“ außergewöhnlich viel erreicht: Die FDP-Fraktion begrüßt, dass fraktions- und gruppenübergreifend an einem Strang gezogen wird, um die Generationenaufgabe Klimaschutz in der Region Hannover in Angriff zu nehmen. Die geplanten Aufwendungen und Investitionen sind ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg. Das bedingt auch, dass wir die Klimaschutzagentur der Region gut für die Zukunftsaufgaben rüsten und mit zusätzlichen Mitteln für die Kampagnenarbeit zum Beispiel für Energieeinsparmaßnahmen ausstatten, wie die FDP-Fraktion es für den Regionshaushalt 2021 beantragt hat! Auch das Voranbringen von Agrophotovoltaik könnte ein Meilenstein zum Ausbau der regenerativen Energien in der Region Hannover sein: Auch hier hat die FDP-Fraktion einen Haushaltsantrag eingebracht. Wir freuen uns darüber, dass die Groko diesen Antrag mit einem Änderungsantrag aufgegriffen und erweitert hat um die Forderung, das Potential von Photovoltaik-Überdachungen bei regionseigenen Parkplätzen im Rahmen von Pilotprojekten untersuchen zu lassen!

 

In diesem Zusammenhang spielt auch die Finanzierung der Vorhaben im Rahmen der geplanten Verkehrswende eine erhebliche Rolle: Für die FDP-Fraktion möchte ich daran erinnern, dass wir schon vor Jahren mehr Kooperationen zwischen den beiden Verkehrsunternehmen üstra AG und regiobus GmbH gefordert haben. Dies führt zu mehr Effizienz der Unternehmen, zum Beispiel durch ein gemeinsames Beschaffungswesen. Ein gemeinsames Vorgehen eröffnet außerdem die Möglichkeit, wichtige Investitionen in diesen Corona-bedingt schwierigen Zeiten auch zukünftig noch leisten zu können. Dazu zählen zum Beispiel der Neubau von Betriebshöfen, der Ausbau von Stadtbahnstrecken und eine angemessene Qualität des ÖPNV-Angebots sowohl in der Landeshauptstadt Hannover als auch im Umland Hannovers. Durch mehr Kooperationen können schneller und bessere Erfolge beim Testen und der Nutzung von Zukunftstechnologien wie insbesondere der Wasserstofftechnologie als Antriebssystem erzielt werden. Auch hier hat die FDP-Fraktion bereits vor Jahren gefordert, auf eine Technologieoffenheit und nicht ausschließlich auf Elektromobilität zu setzen, was jetzt erfreulicherweise zur Umsetzung kommen wird.

 

Um starke Einschnitte in der mittelfristigen Finanzplanung zu vermeiden, müssen nach Auffassung der FDP-Fraktion im Jahr 2021 zunächst die Kräfte gebündelt und konzentriert ausgerichtet werden auf eine Stabilisierung der Gesundheitsversorgung, des Bildungssektors und des Arbeitsmarkts. Ziel muss die langfristige Gewährleistung gleicher Lebensstandards sowohl in der Landeshauptstadt Hannover als auch in den Umlandkommunen in der Region Hannover sein.

 

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

oberste Priorität sollten daher aus Sicht der FDP-Fraktion folgende Schwerpunkte im Jahr 2021 haben:

 

1.    Die Stabilisierung und ein Ausbau der Gesundheitsversorgung in der Region Hannover:

 

a.    Die Regionskrankenhäuser müssen zukunftsfest aufgestellt sein; es muss ein Abbau des Investitionsstaus durch Investitionen in Liegenschaften und hochwertige medizinische Geräte erfolgen!

b.    Der Personalstamm des Gesundheitsamtes der Region muss ausgebaut werden;

c.    Ein Schutzmaterialienwesen muss etabliert werden!

 

2.    Der jungen Generation müssen Zukunftschancen eröffnet werden: Gerade auch in dieser schwierigen Lage müssen bestmögliche Bildungsangebote erhalten und ausgebaut werden, damit die Zukunftsperspektiven der Jugend nicht verspielt werden. Dies sollte erfolgen durch:

 

a.    Einen Ausbau der Schulinfrastruktur bei anstehenden Sanierungen und in Bezug auf digitale Bildungsangebote;

b.    Die Umsetzung der Fortschreibung des Berufsschulkonzeptes mit der neuen Schwerpunktsetzung des Ausbaus von Bildungsinfrastruktur zum Abbau des Fachkräftemangels vor allem im Pflegebereich; Das künftige BBS-Konzept geht in diese Richtung und wird von der FDP-Fraktion unterstützt;

c.    Der Ausbau des Campus der Berufsschulen am Waterlooplatz muss fortgesetzt werden und die Stärkung eines horizontal durchlässigen Angebots der Berufseinstiegsschule erfolgen;

d.    Maßnahmen zum besseren Übergang von der Schule in den Beruf sollten durch mehr Zusammenarbeit zwischen den Berufsschulen und den ausbildenden Betrieben in Kooperation mit den Kammern forciert werden;

e.    Die Berufsschulen im Umland sollten durch eine stetige Fortentwicklung der dortigen Bildungsschwerpunkte gestärkt werden.

 

3.     Maßnahmen zur Sicherung von Arbeitsplätzen müssen forciert werden, damit Arbeitsplätze erhalten bleiben. Region Hannover und Regionskommunen können auf diese Weise mittelfristig wieder ihre gesetzliche Pflicht zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Haushaltmitteln erfüllen. Dies wird erreicht durch:

 

a.    Eine gezielte Wirtschaftsförderung in moderne und sichere Arbeitsplatzangebote in Zukunftsbranchen in Kooperation mit Universitäten und Hochschulen (vor allem im Bereich Robotik) mit dem Ziel einer hohen Wertschöpfung in der Region Hannover;

b.    Kleinere und mittlere Unternehmen sollten bei der Umsetzung der Digitalisierung von Arbeitsprozessen und bei der Rekrutierung von Auszubildenden mehr unterstützt werden;

c.    Eine konsequente Weiterführung und ein partieller Ausbau der Beschäftigungsförderungsmaßnahmen zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit und der Jugendarbeitslosigkeit muss erfolgen;

d.    Die Förderung des Ehrenamts muss gestärkt werden: Vom Ehrenamt hängt künftig noch stärker der Erhalt zahlreicher Projekte und Initiativen im gesellschaftlichen, sozialen, sportlichen und kulturellen Bereich ab! Daher setzt sich die FDP-Fraktion für einen weitgehenden Erhalt der Aufwendungen der Region Hannover im Bereich der freiwilligen Leistungen ein. Ansonsten droht hier das unwiederbringliche Wegbrechen von ehrenamtlichem Engagement und Expertise für unsere Gesellschaft, die wir ohne weiteres nicht so schnell wiederaufbauen könnten!

 

Die FDP-Fraktion ist in der Abwägung der verschiedenen Interessenlagen zu dem Schluss gekommen, dass sich die von uns geforderten wesentlichen Schwerpunkte bei den geplanten Aufwendungen und Investitionen im Regionshaushalt 2021 weitgehend wiederfinden. Wir werden daher dem Haushalt zustimmen.

 

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie werden uns zukünftig vor weitere finanzielle Herausforderungen stellen. Trotz der Hoffnung, die wir in die unmittelbar bevorstehenden Impfungen gegen Covid 19 setzen können, wird sich die Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik mit den wirtschaftlichen und finanziellen Folgen über einen längeren Zeitraum mehrerer Jahre befassen müssen, um eine Verständigung auf eine für alle Seiten vertretbare und faire Verteilung der finanziellen Lasten zu erreichen.

 

Wir sollten daher offensiv die Aufgabe der zukünftigen strategischen Ausrichtung der Region Hannover im nächsten Jahr und die Haushaltskonsolidierung gemeinsam interfraktionell angehen!

 

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

abschließend möchte ich mich bedanken bei den Fraktionen und Gruppen der Regionsversammlung für die gute und kollegiale Zusammenarbeit bei gemeinsamen interfraktionellen Anträgen und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Regionsverwaltung, die uns zur Beantwortung unserer Fragen zur Verfügung standen!

 

Der Presse danke ich für faire Berichterstattung!

 

Ihnen und uns allen wünsche ich frohe Feiertage und ein gesundes 2021!

 

 

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!